Kultmofa Zündapp Belmondo

Zündapp Belmondo von Dominic
MOFAGESCHICHTE

Statussymbol, Lifestyleobjekt und Augenweide

Wer bei Belmondo nicht an die Filmlegende Jean-Paul denkt, sondern an das gleichnamige Kultmofa, der sollte jetzt unbedingt weiterlesen. Schweizer Töfflibuebe und Töfflimeitli liebten und lieben noch heute den Zündapp Belmondo. In den anderen europäischen Ländern blicken viele Mofa-Fans neidisch auf die Schweiz, denn dieses Kultmofa gab es nur in der Alpenrepublik zu kaufen. Der Belmondo Hobel ist heute nicht nur als Tuning-Objekt sehr beliebt, er ist auch ein Blickfang und für viele ein fester Bestandteil Ihrer schönsten Jugenderinnerungen. Wir stellen dir das Kultmofa etwas genauer vor und erinnern an die Anfangstage des Mofabooms in der Schweiz.

Zündapp Belmondo – das “Nürnberger Meisterding” exklusiv für die Schweiz

Einen Boom speziell bei Mofas konnten die Hersteller in ziemlich allen europäischen Ländern verzeichnen, aber nirgends waren die Sackgeldverdunsterli so populär wie in der Schweiz. Deswegen produzierten viele Hersteller bestimmte Töfflis exklusiv nur für die Alpenrepublik. So gab es Modelle wie den Hercules Sachs 503 oder eben den Belmondo von dem Nürnberger Hersteller Zündapp nur für die eidgenössischen Töfflibuebe und Töfflimeitli. Das “Nürnberger Meisterding” überzeugte seine Piloten mit zuverlässiger Technik und grosser Robustheit. 1971 gingen die ersten, damals einfach nur als Zündapp vermarkteten Töfflis, in Kundenhand.

Zündapp Belmondo von Dominic

Von der „Urbelmondo“ zum Kultmofa

Das designierte Kultmofa der ersten Serie mit dem „Typenschein CH7122“ hatte prinzipiell die gleiche Lackierung des Tanks, der Seitenschutzbleche und des Rahmens. Besonders auffallend bei dieser „Urbelmondo“ genannten ersten Serie war der goldene Schriftzug in Grossbuchstaben. Lieferbar war das Kultmofa in blau, grün, rot und gold.

Bereits 1972 gab es erste Veränderungen an der Urbelmondo. Der Markenname wurde zwar immer noch in Grossbuchstaben aufgebracht, aber dieses Mal in weiss auf schwarzem Hintergrund. Und auch die Lackierungen wurden exotischer. Orange, silber-schwarz, monza-rot und coca-cola-gelb (!) standen zur Wahl. 1974 kam dann die modifizierte Variante mit dem Typenschein CH7161 auf den Schweizer Markt. Hier kam eine geänderte Gabel zum Einsatz, die leicht an die Modelle des Konkurrenten Puch erinnerte. Während der Bauzeit der CH7161 führte die Firma den Namen Belmondo ein, der Markenname wurde wie bisher in Grossbuchstaben angebracht, der Modellname komplett in kleinen Lettern, also „ZÜNDAPP belmondo“.

Belmondo von Dominic

1975 folgte dann die zweite Serie, Typenschein CH7211. Die auffälligsten Änderungen: Der Markenname verschwand gänzlich, nun prangte auf dem Seitenschutzblech und dem Tank nur noch der Schriftzug des Modells. Auffallend auch die schlankere Gabel und die ebenfalls schlankeren Radschutzbleche. Neu war auch, dass der Rahmen prinzipiell schwarz lackiert war, bei den Seitenschutzblechen und dem Tank konnte man zwischen blau, grün, gelb, silber und rot wählen. Bei der zweiten Serie, das Hödi war schon längst zum Kultmofa geworden, gab es zwei Ausführungen, die „Lux“ mit einer rechteckigen CEV-Lampe und einem 48-Millimeter-Tacho von VDO, die „Sport“ bestach mit Cockpit und 60-Millimeter-Tacho von HURET, der bis 80 Stundenkilometern anzeigte (!) sowie einer runden CEV-Lampe, Typo 105.

Tacho 60 km/h Ø 48 mm (weisses Ziffernblatt)

Der Belmondo Hobel – ein Teil des Schweizer Kulturguts

Eigentlich schon seit der Erfindung des Fahrrades mit Hilfsmotor waren die Leichtkrafträder preiswerte Individual-Verkehrsmittel, die auf breite Zustimmung stiessen. Als dann in den 1960ern peu à peu die Fahrzeugklassen entstanden, fokussierten sich die Jugendlichen auf das Mofa. Besonders in der Schweiz fand das Fahrzeug seine Anhänger und reifte schon bald zum Kult. Das designierte Belmondo Kultmofa wurde zunehmend zum Objekt der Begierde. Töfflibuebe und Töfflimeitli heizten mit ihrem Hobel über die Strassen der Schweiz. Freiheit, Abenteuer und Unabhängigkeit von den Alten waren der Anreiz, das Sackgeld für eins dieser Kultmofas zu sparen. Angeblich steigerte der Besitz eines solchen Hödis nach Zeitzeugenaussagen die Chancen beim anderen Geschlecht ganz erheblich.

Belmondo von Dominic

Auch das Tuning des Belmondos war damals sehr beliebt. Viele Töfflibuebe und Töfflimeitli pimpten ihren Zündapp Hobel ordentlich auf, taten alles dafür, dass er schneller fuhr und der Motor lauter dröhnte. Tuning wurde zum Schulhof-Sport. Bei einer landesweiten Verkehrskontrolle in jenen Jahren wurden von 1.200 inspizierten Töfflis 44 Prozent beanstandet. Etliche wurden noch an Ort und Stelle aus dem Verkehr gezogen. Solche Vorkommnisse waren Anlass für viele Bürger, strenge Einschränkungen zu fordern. Einige wünschten sich sogar ein generelles Verbot des Töfflis. Viele sogenannte Experten forderten, dass Jugendliche nur ein Mofa bekommen sollten, wenn sie einen Nachweis der Notwendigkeit erbringen konnten. Damit wollte man das „unnötige“ Herumfahren einschränken. Aber gerade das war es doch, was den Reiz des Töffli-Cruisens ausmachte. Einfach mal auf den Bock schwingen, die Serpentinen rauf und runter oder zweimal um den städtischen Marktplatz heizen.

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Das Töffli auf Rezept

Slow Riding Culture war schon damals Selbstzweck. Das letzte Sackgeld wurde in Ersatzteile für das persönliche Lifestyle-Objekt gesteckt. Schrauben, polieren und rumflitzen, das war und ist pures Glück. Vor allem aber das Tuning des Hödi. Sogar Psychologen und Psychiater rief der Mofakult jener Tage auf den Plan. Sie versuchten zu ergründen, warum diese Töfflis so beliebt waren. Gruppendynamik, Freiheitsdrang oder Zugehörigkeitsgefühl zu einer Subkultur – so recht kamen sie aber zu keinem Ergebnis. Allerdings sollen einige Psychologen sogar empfohlen haben, manchen Patienten ein Töffli auf Rezept zu verschreiben. Kultmofas sind eben einfach gut für die Gesundheit, das gilt damals wie heute. Entspannt auf dem Hödi zu cruisen ist pure Entschleunigung. In der Garage an seinem Kultmofa zu schrauben, ist noch besser als Yoga.

Zündapp Belmondo von Huber Chrigel

Revival of the fittest – das Töffli ist wieder da

Die Hochphase der Mofas wurde durch mehrere Faktoren in den 1970ern getrübt, unter anderem durch die Ölkrise, aber auch durch den stetig wachsenden Wohlstand. Immer mehr Arbeiter und Angestellte konnten sich ein Auto leisten, deswegen waren immer weniger Kultmofas auf den Strassen unterwegs. Und mit der Einführung der Helmpflicht verlor das Cruisen für viele Töfflibuebe und Töfflimeitli an Attraktivität. Da konnte das Mofa noch so sehr ein Kultmofa sein, viele Töfflis wurden in dieser Zeit verkauft oder sanden ungenutzt in den Garagen. Seit einigen Jahren erlebt das Mofa eine Wiedergeburt, der Kult lebt wieder. Viele der früheren Töfflibuebe und Töfflimeitli sehnen sich nach dem Statussymbol ihrer Jugend zurück. Und suchen ihr damaliges, persönliches Kultmofa. Zum Restaurieren, zum Cruisen und als angesagtes Lifestyleobjekt.
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