Hercules Sachs 503

Hercules Sachs 503 von Noah
MOFAGESCHICHTE

Robust und anspruchslos

Hercules – das ist nicht nur der Name des kraftstrotzenden Helden aus der Antike, sondern auch eine legendäre Töfflimarke. Fast so kraftvoll wie der griechische Held des Altertums sind auch die Motoren des Herstellers. Auch wenn sie mittlerweile nicht mehr gebaut werden, erfreuen sie sich immer noch grosser Beliebtheit. Wir haben uns auf Spurensuche begeben und stellen euch die Geschichte dieses Kult-Töfflis vor.

Die Anfänge einer Institution

Die Geschichte der Marke ist gepflastert von Höhen und Tiefen. Und von Kult-Töfflis wie dem Modell Hercules Sachs 503. Unsere Spurensuche führt uns zurück ins Jahr 1886. Am 5. April wurde die „Velozipedfabrik Carl Marschütz & Co.“ gegründet. Zunächst produzierte sie Velos. Als 1887 Carls Bruder Heinrich als Kaufmännischer Direktor in das Unternehmen einstieg, benannte man das Unternehmen um, in „Nürnberger Velozipedfabrik Hercules“. Das Ganze schoss förmlich durch die Decke. Stetig stieg die Produktion. Waren es 1890 1.000 Velos, die von 75 Mitarbeitern hergestellt wurden, hattes sich deren Zahl 1896 versechsfacht. Konsequenz dieser Erfolgskurve: 1897 wurde das Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. 1905 wagte sich der Velohersteller erstmals an die Produktion motorisierter Zweiräder heran, stellte die Bemühungen aber 1907 wieder ein.

Hercules entwickelte sich zum „Vollsortimenter“, produzierte auch Lastkraftwagen und das nicht mal so erfolglos. Auch an PKW versuchte man sich, allerdings mit weniger Fortune. So kam es, dass die motorisierten Zweiräder wieder zum Thema wurden und zunächst Motorräder produziert wurden. Hercules pflegte schon seit frühester Zeit einen guten Kontakt zur Firma Fichtel & Sachs, der sich nun auszahlte.

Hercules Mofa 25 Automatic ( 1956 )

Hercules und F&S – Es wächst zusammen, was zusammengehört

Nur wenige Jahre nach Carl Marschütz‘ Firmengründung gründeten Ernst Sachs und Karl Fichtel die „Schweinfurter Präcisions-Kugellagerwerke F&S“ als offene Handelsgesellschaf (OHG). Ernst war ein kluger Kopf, der bereits 1889 den Freilauf für das Velo erfand, 1903 folgten die Rücktrittbremse und die „Torpedo-Freilaufnabe“. Nach der letztgenannten Erfindung kam der findige Erfinder auf die geniale Idee, sich nicht ein komplettes Teil patentieren zu lassen. Vielmehr liess er sich nur ein Teil des Produkts patentieren. Weltweit. So konnte kein anderer Hersteller mehr ein modernes Velo produzieren. Zumindest nicht ohne Zahlung von Lizenzgebühren. Auch bei Hercules erkannte man die Genialität der Nürnberger Erfindungen und ging eine intensive geschäftliche Verbindung mit dem Schweinfurter Produzenten ein. Kein Hercules-Velo rollte ohne Naben oder Lager von F&S aus den Nürnberger Hallen.

Torpedo-Freilaufnabe von Ernst Sachs, nach Jahrzehnten kaum verändert

Ernst war nicht nur ein Genie am Reissbrett, er war auch ein tüchtiger Geschäftsmann. Am Vorabend der Weltwirtschaftskrise trennte er sich von der Wälzlager-Produktion, ungefähr die Hälfte des Unternehmens. 3.000 Arbeiter wechselten so den Arbeitgeber und dienten nun der schwedischen SKF. Es war genau richtig. Denn mit dem Erlös konnte Ernst endlich die Erben des 1911 verstorbenen Karl Fichtel auszahlen und war nun alleiniger Herrscher über die Firma. Er nahm neue Produkte ins Visier. Ernst begann mit der Entwicklung weit zukunftsträchtigerer Produkte wie Kupplungen, Stossdämpfern und Motoren. Letztere sollten zur Legende werde. Als 1930 der erste serienreife Motor auf den Markt kam, klopften auch schon die Nürnberger an die Tür. Von Beginn an verwendete Hercules diese Motoren für seine Motorräder, was beiden Firmen zum Vorteil gereichen sollte, denn schon bald standen diese Motoren im Ruf, besonders robust und langlebig zu sein.

Brennabor Saxonette 1938 - historischer Vorläufer für die Hercules Sachs 503

Der deutsche Sachs-Motor – beinahe so zuverlässig wie ein Schweizer Uhrwerk

1937 präsentierte F&S die erste Generation der Saxonette-Motoren. Diese festigten den Ruf des unkaputtbaren Motors weiter, obwohl bereits 1940 die Produktion kriegsbedingt auslief. Es sollte bis 1987 dauern, bis man die zweite Generation des Super-Motors vorstellte. In den 1960ern gesellte sich ein weiterer Motor dazu, der die Robustheit der Motoren noch mehr untermauerte, der „503“. Das Besondere: Das 47 cm³-Triebwerk mit einem Bohrungs-Durchmesser von 38 Millimetern wurde nur in die Schweiz geliefert. Entweder samt Mofa, wie das Hercules Sachs 503, oder als Einbau-Motor für die eidgenössischen Produzenten, zu denen auch ALPA zählte. Amsler & Co verbaute den 503er in ihren Mofas, wie dem „Pony 503 GT Cross“, aber auch in neueren Mofas wie dem „GTX“ und dem „Cross“. Seit einigen Jahren verwendet Amsler & Co. Motoren des italienischen Produzenten Beta, weil die Produktion des 503 eingestellt wurde.

Sachs Hercules 503  von Yannick

Die Beliebtheit des Hercules Sachs 503 war aber nicht nur seiner Robustheit geschuldet, es gab auch verschiedene Ausführungen des Motors. So fand sich für jeden etwas. Schon bei der Art der Motorkühlung gab es Unterschiede. Entweder erfolgte die Kühlung durch ein Gebläse, oder der Fahrtwind musste für Kühle sorgen. Die Wahl hatte man auch, was das Schalten betraf. Es gab zwei Versionen, die von Hand geschaltet wurden, die Typen 2AI und 2BI. Sie leisteten beide 0,8 PS bei 3.000 U/min. Für die etwas schaltfauleren Zeitgenossen gab es insgesamt fünf Automatik-Ausführungen (Typen AAL und ABL bei den Ausführungen mit Gebläse, sowie die Typen AB, AC und ADV bei den Fahrtwindgekühlten). Alle Automatik-Motoren leisteten 1,2 PS bei 3.800 U/min.

Hercules Sachs von Thomas

Weit verbreitet, vielseitig und innig geliebt

Das Hercules Sachs 503 entwickelte sich zum Publikums-Liebling. Zusammen mit den Modellen anderer Hersteller, die den Motor ebenfalls verbauten, wurde dieses Aggregat zur Massenware. Und war überall zu finden. Es leistet Pöstlern gute Dienste, diente als Fortbewegungsmittel der Arbeiter und war Zugpferd der, um ihre gesellschaftlichen Freiheiten kämpfenden, Jugend. Ein weiterer Grund für die enorme Beliebtheit ist, dass der 503 sich perfekt fürs Tuning eignet. Tuning-Teile gab und gibt es reichlich. Heute noch flitzen nicht nur die Hercules-Mofas, sondern auch noch etliche andere Fabrikate mit 503-Motor durch die Schweiz. Und es werden wieder mehr, denn das Töffli erlebt einen neuen Aufschwung.
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Bildquellen:
Beitragsbild: Hercules Sachs 503 von Noah für www.mofainserate.ch
Saxonette 1938 ©Stahlkocher (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)
Sachs 503 von Yannick für www.mofainserate.ch
Hercules Sachs von Thomas für www.mofainserate.ch

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