Legendäre Perlen: Das Piaggio-Boxer-Töffli

Legendäre Perlen: Das Piaggio-Boxer-Töffli
MOFAGESCHICHTE
Ob das Modell Ciao, Si, Bravo oder auch das Boxer-Töffli: Alle Mofas aus den Piaggiowerken im toskanischen Pontedera begeistern bis heute die Töfflimeitli und Töfflibuebe in der Schweiz und auf der ganzen Welt. Nicht so bekannt wie das Ciao-Mofa, aber nicht weniger charmant ist das Boxer-Töffli. Leider kann man diese Perle heute nur noch recht selten auf den Strassen bewundern. Warum das so ist und was das Piaggio-Boxer-Töffli so besonders macht, erklären wir dir in diesem Artikel.

Das Boxer-Töffli – Mitglied einer ganz besonderen Familie

Mofas mit dem Piaggio Logo erfreuen sich bis heute nicht nur in Italien grösster Beliebtheit. Auch in vielen Nachbarländern jenseits des Stiefels beginnen die Augen von Mofa-Fans zu leuchten, wenn irgendwo ein Piaggio-Ciao-, Bravo-, Si- oder Boxer-Töffli um die Ecke biegt. Dabei war es bei der Firmengründung Ende des 19. Jahrhunderts noch gar nicht abzusehen, dass sich das Unternehmen Piaggio im Laufe der Zeit zu dem wahrscheinlich bekanntesten Mofahersteller der Welt entwickeln würde. Begonnen hat 1884 alles mit einem Holzhandel. Weitere Stationen in der Firmengeschichte waren der Schiffbau sowie die Herstellung von Eisenbahnwagen und Flugzeugen. Das Geschäft lief immer besser, weil zu den Kunden auch die italienische Armee gehörte.

Aufkleber «Piaggio» 3D Silikon 49 x 39 mm

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Firma aus dem toskanischen Städtchen Pontedera jedoch untersagt, weiterhin im Bereich der Rüstungsindustrie tätig zu sein. Aus der Not machte die Firmenleitung eine Tugend. Da in allen Teilen des zerstörten Landes ein drastischer Mangel an Fahrzeugen herrschte, verlegte sich das Unternehmen auf die Herstellung von preiswerten Gefährten. So kam es, dass Piaggio in die Zweiradsparte einstieg. Die Entwicklung von Mofas startete dann Mitte der sechziger Jahre, als diese damals neue Fahrzeugklasse immer beliebter wurde. Im Jahr 1967 kam das Modell Ciao auf den Markt.

Piaggio Ciao von Oliver

Mit der neuartigen Mofageneration trafen die Entwickler insbesondere den Nerv Jugendlicher. Das Ciao-Mofa wurde bis 2006 gefertigt und ist damit eines der meist gebauten und beliebtesten Zweiräder überhaupt. Die erste Baureihe des Piaggio-Boxer-Töfflis lief von 1970 – 1972 vom Band. Abgelöst wurde die Reihe von dem Nachfolgemodell, dem Boxer 2. In jener Zeit galt die zweite Baureihe als besonders sicher und modern. Das Boxer-Töffli wurde bis 1978 hergestellt und von dem Töfflimodell Si abgelöst.

Piaggio Boxer 1972

Schlank, wendig und elegant

Dass das Modell Piaggio-Boxer heute vergleichsweise selten auf Schweizer Strassen unterwegs ist, lässt sich auch damit erklären, dass der Hobel nur über eine vergleichsweise kurze Zeitspanne produziert wurde. Eine traurige Tatsache, denn bei dieser Rarität handelt es sich um eine ganz besondere Perle. Wer bei dem Namen an einen bulligen Schwergewichtschampion denkt, der irrt natürlich. Denn selbst für Töffliverhältnisse ist das Boxermodell mit seinen circa 50 kg eher ein Fliegengewicht und besticht mit seiner schlanken Silhouette. In dieser Hinsicht braucht dieses Modell den Vergleich mit den anderen sportlichen Mitgliedern der Piaggiofamilie jedenfalls nicht zu scheuen.

Piaggio Boxer

Einige Eckdaten des Piaggio-Boxer-Hödis in der Übersicht:

Pinasco EVOTEN Ø 46 mm Rennsatz Piaggio Ciao, SI, Bravo, Boxer (12 mm KoBo)
  • Maximale Geschwindigkeit: 30 km/h
  • Verbrauch 1,75 l / 100 km
  • Pneus und Bereifung: 1. Serie: vorne und hinten 2.1/4 – 18″, 2. Serie: vorne und hinten 2.1/4 – 17″
  • Bremsen: vorn: Trommelbremse 90 mm, hinten: Trommelbremse 136 mm
  • Länge: 1705 mm, Breite: 630 mm und Höhe 1050 mm
  • Vergaser Dell’Orto SHA 12/10
Dell'Orto 12/10 SHA Vergaser Handchoke universal

Charakteristische Antriebstechnik des Piaggio-Boxer-Töfflis

Wie alle Mofas mit dem legendären Piaggio-Logo ist auch das Boxer-Töffli mit einem 50 Kubikzentimeter Motor ausgestattet. Ein charakteristisches Merkmal der Töfflis aus der Toskana ist der typische Keilriemenantrieb. Diese Art der Kraftübertragung hat den Vorteil, dass sie im Vergleich zur herkömmlichen Antriebskette geräuschärmer ist. Ausserdem ist der Verschleiss beim Keilriemenantrieb geringer, sodass weniger Arbeit bei der Wartung und Pflege des Fahrzeugs anfällt. Ganz ohne Kette kommen jedoch auch die italienischen Mofas nicht aus: Das Starten erfolgt, wie man es gewohnt ist, mittels der Pedale und einer Tretkette.

Set Pully 70 mm Keilriemen 940 mm | Piaggio Ciao

Kunststofftank und charakteristische Sitzbank

Der offene Einzel-Rahmen ist aus gepressten Blechteilen zusammengeschweisst. Unter der Sitzbank, mit der die Modelle werkseitig ausgestattet wurden, verbirgt sich, im Rahmen eingelassen, ein Kunststofftank – in den 1970er galt dieser als modern. Wer einen kleinen Sattel bevorzugt, benötigt für den Umbau übrigens eine spezielle Halterung. Das Umrüsten von Sitzbank auf einen kleineren Sattel (oder umgekehrt) ist aber kein Problem, da Fachhändler die erforderlichen Ersatzteile und das Zubehör in grosser Auswahl anbieten. Die Gretchenfrage lautet beim Boxer, wie es auch bei den anderen Mofas aus der Toskana der Fall ist, Monogetriebe oder Variomatik? An dieser Stelle gehen die Meinungen bekanntlich auseinander. Mit welcher Technik ein Fahrzeug ausgerüstet ist, lässt sich aber mit geübtem Auge leicht am Seitenblech erkennen. Hat das linke Seitenblech (in Fahrtrichtung gesehen) eine Ausbuchtung, verbirgt sich dort die Variomatik.

Malossi Mulitvar Rennvariomat | Piaggio Ciao, SI, Bravo, Boxer

Das charmante Fliegengewicht von Piaggio

Während das Modell Ciao auch heute noch häufig auf den Strassen zu bewundern ist, so muss man schon etwas Glück haben, um ein Boxer-Hödi einmal aus der Nähe zu bewundern. Das ist wirklich schade, denn diese Perle ist hat ihren ganz eigenen Charme. Gehörst du zu den Besitzern eines dieser legendären Mofas aus der Toskana oder hast die Gelegenheit eines zu erwerben, dann solltest du alles daran setzen, diesen seltenen 2-Takter fahrbereit und in bestem Zustand zu erhalten. Glücklicherweise ist die Ersatzteilversorgung heute nicht mehr problematisch, sodass sich Restaurationen oder der Erhalt dieser Fahrzeuge mit überschaubarem Aufwand bewerkstelligen lässt.

Piaggio Boxer von Oliver

Bildquellen:
1972 Piaggio-Boxer: Von Lindemann97 – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=98549977
Piaggio-Boxer 2: Von Lancissima – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=109744116

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