Warum die DKW-Hummel bis heute unvergessen ist

Warum die DKW-Hummel bis heute unvergessen ist
MOFAGESCHICHTE
Sowohl das Ursprungsmodell als auch die nachfolgenden Modellvarianten der DKW-Hummel gehören bis heute zu den Perlen, nach denen sich Töfflimeitli und Töfflibuebe umdrehen, wenn sie eines dieser Töfflis in freier Wildbahn erblicken. Obwohl das ursprüngliche Modell in hohen Stückzahlen produziert wurde, ist das Töffli heute nur noch sehr selten im Originalzustand zu bestaunen. Wir stellen dir diesen Zweirad-Klassiker und genauer vor.

Die Geburtsstunde der DKW-Hummel im Jahr 1956

Dem Hersteller gelang mit dem Mofa bei der Markteinführung im Jahr 1956 ansatzlos der grosse Wurf, denn das Hödi kam bei der Kundschaft von Anfang an hervorragend an. Dies hatte gleich mehrere Gründe. Einerseits war das Hödi eines der ersten mit einem Dreigang-Getriebe, das ansonsten bis dato nur im Modell 550 des tschechischen Herstellers Jawa verbaut wurde. Darüber hinaus stattete der Mofahersteller DKW das Töffli mit einer Hinterradfederung aus, was in der damaligen Zeit noch lange nicht zum Standard gehörte. Dadurch ergab sich ein deutlich höherer Fahrkomfort als bei den meisten Hödis der Konkurrenz. Dass die zusätzliche Federung so ein überzeugendes Verkaufsargument wurde, lag mit Sicherheit auch an der eher mässigen Qualität vieler (Neben-)Strassen in dieser Zeit. Schon die ursprüngliche Variante verzichtete darüber hinaus auf eine separate Mofa-Tretkette, die bis dato noch bei fast allen Töfflis benötigt wurde. Stattdessen war die Pedalwelle direkt ins Getriebe integriert.

DKW Hummel - Auto-Union Museum in Bergen, Niederlande

Von der Hummel zur Super-Hummel: die erste Stufe der Evolution im Jahr 1958

Um auf dem Erfolg des Ursprungsmodells aufzubauen, beschloss der Hersteller im Jahr 1958, der DKW-Hummel ein Upgrade zu spendieren. Dieser Nachwuchs der Hummelfamilie sollte den Zusatz "Super" führen. Viele Kunden erwarteten daher zunächst, dass es sich bei dem neu gestalteten Modell um ein besonders sportliches Töffli handeln würde. Dies war jedoch nicht der Fall. Stattdessen kam das Mofa im August 1958 als eines der wahrscheinlich luxuriösesten und komfortabelsten Fahrzeuge seiner Art auf den Markt. Die Modellvariante "Super" war unter anderem für den Soziusbetrieb vorgesehen und daher mit einer komfortablen Sitzbank ausgerüstet. Ausserdem wurde das Modell mit Vollnabenbremsen mit 120 mm Durchmesser und einer verstärkten Hinterradfederung versehen.

1958 DKW Hummel

Auch eine breitere Bereifung (23" x 2,50) sowie eine drehsteifere Mofagabel und ein ebensolcher Rahmen machten die Fahrt noch komfortabler. Gegenüber der ursprünglichen DKW-Hummel war auch der Motor deutlich durchzugsstärker, sodass auch mit zwei Personen auf dem Töffli mühelos 40 km/h erreicht werden konnte. Das Design war gegenüber dem ursprünglichen Modell etwas verändert, aber gleichermassen elegant und dem damals angesagten Design angepasst.

DKW Hummel aus der Zweirad Union-Produktion

Die DKW-Hummel bei der Zweirad Union

Noch im Jahr 1958 wurde DKW von der Zweirad Union übernommen bzw. ging gemeinsam mit den Express Werken und dem ebenfalls bekannten Hersteller Victoria in dieser Union auf. Infolgedessen wurde die DKW-Hummel zur Unions-Hummel, die sowohl bei DKW als auch in den Express Werken und bei Victoria produziert wurde. Unabhängig vom Herstelleremblem firmierte sie einheitlich unter der Modellbezeichnung Typ 115/155. Das Design dieser Modellvariante unterschied sich sehr stark von dem des ursprünglichen Modells, es zeichnete sich durch eine futuristische Optik aus. Diese brachte dem Modell auch den Spitznamen "Blechbanane" ein. Sowohl hinsichtlich des Designs als auch in Bezug auf die Leistung und die Ausstattung hatten das Ursprungsmodell und die Blechbanane nicht mehr viel gemeinsam. Auch konnte das neue Modell hinsichtlich der verkauften Stückzahlen nicht an die Erfolge anknüpfen, die das erste Töffli der Baureihe feiern konnte. Umso seltener sind heute "Blechbananen" im fahrbereiten Zustand.

DKW-Zweirad-Union-Hummel

Unterschiede in Motorisierung und Ausstattung der verschiedenen Modellvarianten

Zwischen der ursprünglichen DKW-Hummel und der legendären Blechbanane, die von der Zweiradsparte der Auto-Union sowie Victoria und in den Express-Werken produziert wurde, bestehen nicht nur optisch signifikante Unterschiede. Auch die Motorisierung und die Ausstattung veränderten sich grundlegend. Um dies zu verdeutlichen, stellen wir dir einige technischen Daten der beiden Modellreihen in den folgenden Absätzen genauer vor.

DKW-Hummel, unbekanntes Modell

Das Urmodell, gebaut von 1956 bis 1958

Das Urmodell, auch als Typ 101 bezeichnet, wurde von 1956 bis 1958 gebaut und war innerhalb der Modellfamilie der grösste wirtschaftliche Erfolg. Stattliche 117.617 Stück wurden in besagtem Zeitraum produziert und unters Volk gebracht. Dieses Mofa hatte einen 1,35 PS starken Motor, der eine Beschleunigung bis 40 km/h und eine Bergsteigefähigkeit von bis zu 20 % erlaubte. Darüber hinaus war es bereits mit Dreigang-Getriebe mit Drehgriff-Schaltung ausgerüstet, hatte die schon erwähnte Hinterradfederung und war in den Ausführungen "Standard" und "Luxus" erhältlich. Diese unterschieden sich jedoch nur hinsichtlich der zusätzlichen Chromapplikationen und einem tiefer ausgeführten Schutzblech bei der "Luxus"-Variante. Der Tankinhalt beider Varianten betrug 5,5 Liter bei einem Verbrauch von etwa 1,1 bis 1,6 Liter auf 100 km.

Motor mit Vergaserdeckel und Kaltstarthebel (Ur-Hummel von 1957)

Typ 102 mit Zusatzbezeichnung "Super"

Schon bei der Lancierung des Typs 102 erhielt das ursprüngliche Modell nicht nur ein optisches Facelift, sondern auch deutlich mehr Leistung. Das Design war gegenüber der Vorgängerversion um einiges sportlicher, darüber hinaus war das neue Modell bereits an der Sitzbank für 2 Personen zu erkennen. Der Typ 102 hatte ebenfalls ein Dreigang-Getriebe, mit 3-Scheiben-Lamellenkupplung und Ziehkeilschaltung. Der Motor leistete nun 1,7 PS, um auch zwei Mitfahrer zügig transportieren zu können. Weiterhin war das Töffli vom Typ 102 mit einem Bing-Vergaser ausgerüstet. Gegen Aufpreis konnte eine umfangreiche Zusatzausstattung bestellt werden, darunter zum Beispiel verchromte Rückspiegel und Kofferträger, lackierte Beinschützer und Fussrasten für den Sozius.

DKW Super - Auto-Union Museum in Bergen, Niederlande

Technische Merkmale der Blechbanane Typ 115/155

Das unter der Typenbezeichnung Typ 115/155 von den Express Werken, Victoria und der gesamten Zweirad Union bis in die 1960er Jahre vertriebene Mofa war in zwei Varianten erhältlich. Sie boten wahlweise 2,0 oder 3,7 PS Leistung und hatten jeweils ein Dreigang-Getriebe mit einer 3- oder 4-Scheiben-Lamellenkupplung. Als Vergaser kamen die Modelle Bing 1/12/128 und Bing 1/17/34 zum Einsatz. Damit war der Typ 115/155 nochmals deutlich leistungsstärker als das Hödi vom Typ 102. Auch für den Typ 115/155 war optionale Zusatzausstattung erhältlich, darunter ebenfalls Rückspiegel, Fussrasten für den Sozius und Kofferträger mit Spannband.

DKW Blechbanane von Matthias

Eine liebenswerte Ikone der Zweiradgeschichte

Eine liebenswerte Ikone der Zweiradgeschichte

In der Reihe der legendären Töfflis hat die DKW-Hummel mit Sicherheit einen festen Platz. Sowohl das Ursprungsmodell als auch die spätere Blechbanane sind mittlerweile leider viel zu selten im fahrbereiten Zustand auf den Strassen zu bestaunen. Dass es überhaupt noch einige fahrtüchtige Hummeln gibt, ist der Leidenschaft und dem Enthusiasmus zu verdanken, mit dem Töfflimeitli und Töfflibuebe die seltenen Töfflis pflegen oder auch restaurieren. Ihnen gebührt auch unser Dank, denn sie halten die Geschichte und den Kult am Leben.

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Bildquellen:
Beitragsbild (1965 DKW Hummel Typ 155): Von Zweiradmuseum Neckarsulm - Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=104390581
Blaue DKW Hummel aus der Zweirad Union-Produktion: CC BY-SA 2.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1963611
Rote DKW Hummel (1958): Von Bob Adams from George, South Africa, CC BY-SA 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=36407907
Blaue Hummel, unbekanntes Modell: Von Fridolin freudenfett (Peter Kuley) - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=12215839

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